Schwelm – geschichtsbewusst und hochmodern

Schwelm ist aus Urwald und Sümpfen hervorgegangen. Im 10. Jahrhundert wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt. Das Land wurde gerodet und menschlichen Lebensweisen zugänglich gemacht. Um einen „Fronhof“ genannten Herrenhof und die dazu gehörige Kirche herum nahm das Werden und Wachsen des Ortes seinen Lauf.

Der Name Schwelm leitet sich von dem germanischen „Swalmana“ ab, das das  Anschwellen eines Baches bezeichnete, der heute größtenteils verrohrt durch Schwelm fließt und, natürlich, Schwelme heißt.

Schwelms Entwicklung wurde durch seine Lage am bekannten Fernhandelsweg von Köln zum Hellweg nach Dortmund begünstigte. Schwelms Geschichte ist eng mit Erzbischof Engelbert I. von Köln verbunden, der 1225 auf dem Weg nach Schwelm, wo er eine Kirche weihen wollte, von Gefolgsleuten des Grafen von Isenberg ermordet wurde.

Weltliche und geistliche Mächte rangen lange um die Ausweitung von Besitz und Einfluss. 1324 fiel das Gogericht (der Verwaltungsbezirk) Schwelm an die Grafschaft Mark.

1496 erhielt Schwelm von Herzog Johann II. von Cleve-Mark die Stadtrechte. Die damit verbundenen Privilegien waren von großer Bedeutung: Die Schwelmer durften eine Stadtmauer bauen, Ratsherren wählen und Steuern erheben. Die Stadt zählte damals im engeren Sinne 50 Häuser.

Als sich die Schwelmer im Zuge einer Auseinandersetzung nicht kompromissbereit zeigten, wurden ihnen nur fünf Jahre später die Stadtrechte wieder aberkannt. Erst 1590 wurde Schwelm  wieder „Stadt“ mit allen damit verbundenen Rechten. So kann Schwelm – wenn man  es genau nimmt – zweimal Stadtjubiläum feiern. Doch die Schwelmer berufen sich auf das Jahr 1496 und feierten folgerichtig 1996 „500 Jahre Stadt Schwelm“.

1609 fiel Schwelm an Brandenburg-Preußen. Stadtbrände haben Schwelm sehr zugesetzt. Der große Brand von 1722  zerstörte beinahe die halbe Stadt, darunter zwei Kirchen und 92 Wohnhäuser sowie Scheunen und Mühlen.

Namen wie der des Buchhändlers und Verlegers Moritz Scherz und der des Pfarrers, Astronomen und Kartographen Friedrich Christoph Müller stehen auch für die Verbreitung der Aufklärung. Die 1792 gestiftete Johannisloge „Zum Westfälischen Löwen“ Schwelm gestiftet, ist bis heute aktiv.

Nach der Entdeckung einer „Heilquelle“ im frühen 18. Jahrhundert etablierte sich ein Badebetrieb, der mit einer heutigen Kurstadt durchaus vergleichbar war. Ein Brunnenhäuschen und Badehäuser wurden erbaut, Badeärzte praktizierten, und angemessene Unterkünfte für die Gäste entstanden, die sich zudem an einem breitgefächerten Unterhaltungsprogramm erfreuen durften. An den „Gesund-Brunnen“ erinnert heute noch u.a. ein denkmalgeschütztes Brunnenhäuschen.

Die Eisenverarbeitung und das Textilgewerbe (Webereien, Bandwirkereien) bestimmten das Wirtschaftsleben im Schwelm des 18. Jahrhunderts.

Die Entwicklungen von Dampfmaschine und Eisenbahn stellten die Weichen für das technisch-industrielle Zeitalter. Ab 1847 verband die Bergisch-Märkische Bahn Schwelm und Elberfeld miteinander. Unternehmer erkannten die ungeheuren Chancen dieses neuen Transportmittels. Rasch besiedelten sich die Flächen um die Bahn mit Fabriken. Hier produzierte auch das legendäre Schwelmer Eisenwerk.

Die Gründerzeit sorgte in Schwelm für eine stürmische Entwicklung in Industrie und Handel. In den nachfolgenden Jahrzehnten entstand eine vielseitig strukturierte Industrie mit dem Schwerpunkt Metallverarbeitung. Zudem wurden im großen Umfang Schrauben und insbesondere Holzschrauben hergestellt.

In dieser kaisertreuen Epoche überboten sich die Bürger mit der Gründung von Vereinen. Schwelm älteste Vereine, darunter die Turngemeinde „Zur Roten Erde Schwelm“ von 1848, stehen symptomatisch für die seinerzeit vaterländische Einstellung eines großen Teils der Menschen.  

Schwelms Einwohnerzahl nahm mit der Reichsgründung 1870/71 zu. Hatten 1871 lediglich 5990 Menschen im Stadtgebiet gelebt, so waren es 1910 bereits 20.365. Die Stadt wuchs förmlich über sich hinaus. Der Zuzug aus ländlichen Gebieten in eine Stadt, die Arbeitsplätze bot, war enorm.

Der erste Weltkrieg veränderte die Welt auch in Schwelm. Schon bald hungerte die Bevölkerung; Essensmarken wurden ausgegeben. Viele Frauen und Mädchen ersetzten in den auf Kriegswirtschaft umgestellten Firmen die Arbeitskraft der Männer, die als Soldaten dienten.

Seit vor einigen Jahren der Schwelmer Klaus Peter Schmitz sein Buch über den „Nationalsozialismus in Schwelm“ vorgelegt hat, kann jeder interessierte Bürger nachlesen, wie umfassend die neuen Machthaber in Schwelm jedwede Einrichtung nach ihren Vorstellungen „gleichschalteten“.

Den ehemals geachteten Schwelmer Bürgern jüdischen Glaubens wurde nach und nach jeder bürgerliche Schutz entzogen. Auf die Ausgrenzung der Betroffenen in Schulen, Vereinen, am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft  folgten bald Übergriffe und Verhaftungen. Einige Schwelmer Juden wanderten aus, andere flohen ins Ausland. Die meisten wurden in Ghettos oder in Arbeits- und Konzentrationslager deportiert. Nur einige wenige der Opfer überlebten diese Qual.

Zu denen, denen die Flucht in die Vereinigten Staaten gelungen war, zählte Dr. Kurt Herz, ein allseits geschätzter jüdischer Arzt. In einer großen menschlichen Geste regte er nach dem Krieg aus den USA eine Spendensammlung zur Wiederbehelmung der Christuskirche in seiner Heimatstadt an. Schwelms Wahrzeichen – die zweitgrößte Hallenkirche Westfalens – war beim großen Bombenangriff im März 1945 ausgebrannt.

Seit vielen Jahren spüren Schwelmer Gymnasiasten in der Arbeitsgemeinschaft „Stolpersteine“ dem Leben früherer Schwelmer Bürger jüdischen Glaubens nach. Ihnen ist auch das Verlegen von Stolpersteinen als Gedenken an Schwelmer Juden zu verdanken.

Erst durch den Besuch von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen in den Jahren 2001, 2003 und 2004 haben viele Jüngere erfahren, dass im Zweiten Weltkrieg junge Erwachsene aus u.a. Russland, der Ukraine und Polen verschleppt wurden und Zwangsarbeit auch in Schwelmer Firmen, Wirtschaftsbetrieben und Privathaushalten leisten mussten.

Mit Händen greifbar war die Wohnungsnot der Nachkriegsjahre. Es fehlten gut 9000 Wohnungen – für die ausgebombten Bürger und auch für die Neu-Schwelmer, denn auch die zahlreichen Flüchtlinge benötigten rasch ein Dach über dem Kopf. Die Neuankömmlinge haben in den folgenden Jahren wesentliche Kapitel der Schwelmer Stadtgeschichte mitgeschrieben. Ein Stadtviertel im Osten Schwelms erinnert mit Straßennahmen wie „Tilsiter Weg“ und „Königsberger Straße“ an das Ankommen in der neuen Heimat.

In der Nachkriegszeit wurde die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege gegründet, die die greifbare Not vieler Familien linderte. Diese segensreiche Einrichtung hat ihr Aufgabenspektrum den sich wandelnden Zeiten angepasst. Heute sprechen die ehrenamtlichen Sozialpfleger/innen Senioren ab 70 Jahren an, um ihnen Veranstaltungsangebote zu unterbreiten und dadurch der Vereinsamung vorzubeugen. Erst 2015 wurde dies einzigartige soziale Netzwerk vom Land NRW als einer der „Orte des Fortschritts“ ausgezeichnet.

Die wirtschaftlich guten 70er Jahre ließen Wünsche zu wie z.B. den nach einem Hallenbad (ein Waldfreibad besaß Schwelm schon). Nur wenige Wochen vor der geplanten Eröffnung brannte das neue Bad im März 1973 ab. Nur ein Jahr später konnte der Neubau dann doch eingeweiht werden. Zu den Besonderheiten dieses Stadtbades zählt die Salzelektrolyse, mit der das Badewasser gereinigt wird, so dass kein Chlor zum Einsatz kommt.

Ende der 70er Jahre wurde offensichtlich, dass das wirtschaftliche Wachstum der Städte nicht unbegrenzt war. Zwar wurde das Freibad noch einmal an alter Stelle neu gebaut und es entstand – zeitgerecht – ein Jugendzentrum. Doch längst war abzusehen, dass Großbauten, die ja auch künftig würden unterhalten werden müssen, nicht mehr auf der Agenda stehen würden.

Heute leben gut 28.800 Einwohner in Schwelm, der Kreisstadt des Ennepe-Ruhr-Kreises. Gestaltende Persönlichkeiten und aufgeschlossene Bürger sind mit der Zeit gegangen, so dass die Stadt schon früh eine schmucke Fußgängerzone erhielt – ein Pfund, mit dem Schwelm heute wuchern kann. Die Altstadt mit ihrem wertvollen und reizvollen Bestand an Fachwerk- und Schieferhäusern wurde entgegen dem Trend der 60/70er Jahre erhalten – ein Glücksfall, denn heute ist sie das Herz der Stadt.

Ob verkehrliche Infrastruktur, aktiver Einzelhandel mit attraktiven Geschäften oder der Bau zeitgemäßer Wohnviertel – Schwelm ist auf der Höhe der Zeit. Schwelm, wo auch ein Helios-Krankenhaus seinen Sitz hat, verfügt über eine große Dichte an Kindertageseinrichtungen, vier Grundschulen, eine Realschule, ein Gymnasium und einen Stützpunkt der Volkshochschule Ennepe-Ruhr-Süd.

Stadtbücherei, Hallenbad, Regionalmuseum und Musikschule sowie Jugendzentrum und ein von einem Trägerverein geführtes Freibad garantieren vielfältige Freizeitmöglichkeiten. Die Bürger gehen ihren Hobbys in zahlreichen Vereinen nach. Die neue Dreifeldhalle (Schwelm ArENa), die sich nicht nur für sportliche Veranstaltungen anbietet, wurde durch einen Investor gebaut; die Stadt ist Hauptmieter des attraktiven Objekts.

Ein wichtiger Schritt in die Zukunft ist das Projekt der „Neuen Mitte“. Kernstück ist die zeitgemäße Nutzung des Grundstücks der früheren Schwelmer Brauerei, u.a. durch attraktiven Einzelhandel, weitere gastronomische Angebote und zusätzlichen Wohnraum im Herzen der Stadt. 

Innerhalb der Stadt lieben die Bürger die „kurzen Wege“. Mit der Region ist Schwelm über die Autobahnen 1, 43, und 46 sowie über S-Bahn und die Regionalbahn bestens vernetzt – ein schlagendes Argument auch für die Wirtschaft.

Traditionsunternehmen, Betriebe für zukunftweisende Technologien und Start-ups sorgen für eine bedeutsame Mischung. Nicht wenige Schwelmer Unternehmen sind Weltmarktführer ihrer Branchen. Motor der Schwelmer Wirtschaft ist seit jeher der Mittelstand. Produziert werden u.a. Aufzugskomponenten, hochwertige Be- und Entladevorrichtungen von Schiffen, Tank- und Kesselwagen mit flüssigen und gasförmigen Stoffen, Erdgasbetankungstechnik, Umreifungs-Maschinen, Knöpfe, Getriebe, Elektromotoren, Verpackungsbänder, Drehteile, Elastomer-, Kunststoff- und Systembauteile, Schlösser und Schilder. Zahlreiche Betriebe bilden das starke Fundament der Metallproduktion, -- verarbeitung und -verwertung.

Schwelm ist auch „Autostadt“. Doch in Schwelm ist nicht nur die Zuliefererindustrie für die Fahrzeugwelt zuhause, hier können auch gleich die Pkw erworben werden, in denen – so oder so – immer ein Stück Schwelm mitfährt: Speziell am Gewerbeband B 7 und im näheren Umfeld verdichtet sich ein Korso modernster Autohäuser. Mehrere Speditionen, darunter einer der führenden Logistikdienstleister, geben der Stadt Dynamik.

Produkte von Schwelmer „Global Playern“ sind Raufaser (Erfurt & Sohn) und Netze für u.a. Nutzfahrzeuge, Reisebusse, Flugzeuge und Eisenbahnen (Nölle-Pepin). Schwelms ältestes Unternehmen, die Schlossfabrik Bever & Klophaus, ist seit 1809 stark am Markt.

2011 schloss die 1830 gegründete Privatbrauerei Schwelm ihre Pforten. Und 2007 gab Ibach, der älteste Klavierbauer der Welt (gegründet 1794) seine Produktion auf. In dem schönen Gebäude, einem Schmuckstück der Industrieästhetik, sind heute Einrichtungen der kreativen Branche zu Hause, darunter die „Piano Manufaktur“ und die „Kulturfabrik Ibach-Haus“, die u.a. glanzvolle „Best of NRW“-Konzerte nach Schwelm holt.

Dem dynamischen Wirtschaftsleben korrespondiert das lebhafte Handwerk, verkörpert durch eine Vielzahl etablierter Betriebe. Ihre Interessen vertreten die Schwelmer Einzelhändler durch die Werbegemeinschaft Schwelm, ein wichtiger Schrittmacher für die Entwicklung der Stadt. Bindeglied zwischen den markttreibenden Kräften und Impulsgeberin für einen starken Standort ist die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing Schwelm (GSWS). Ihre Kommanditisten stellen ein Stück weit die Weichen mit für Schwelms Gesamtentwicklung. Die alle zwei Jahre stattfindende Frühjahrsmesse ist eine wichtige Drehscheibe der Wirtschaft über die Stadtgrenzen hinaus.

Viele Gäste besuchen Schwelm für einen Tagesausflug oder zu einem der schönen Feste, wie dem „Internationalen Folklorefest/Schwelm wird bunt“, „Kunst und Klang“ am Schloss Martfeld, der „Bierbörse“ und den bundesweit geschätzten Trödelmärkten. Der erst im April 2016 eingeführte freitägliche „Schwelmer Feierabendmarkt“ hat sich aus dem Stand zum Publikumsmagneten entwickelt.

Das größte Fest aber ist das „Schwelmer Heimatfest“, das jedes Jahr rund 60.000 Menschen in die Innenstadt lockt. Neben der fünftätigen Kirmes ist der Festzug der 13 Schwelmer Nachbarschaften die große Attraktion. Diese Volkstumsvereine besitzen eine lange Tradition und stehen für die Bewahrung des Brauchtums.

Einige Schwelmer haben den Namen der Stadt in die Welt hinaus getragen: so Dr. Dr. Gustav Heinemann (1899 bis 1976), Bundespräsident von 1969 bis 1974; Dr. Fritz Helling (1888 bis 1973), Direktor des Märkischen Gymnasiums von 1945 bis 1951 und berühmter Reformpädagoge; Johannes Joachim Degenhardt (1926 bis 2002), ab 1974 Erzbischof  von Paderborn, ab 2001 Kardinal; Dr. Franz Josef Degenhardt (1931 bis 2011), Jurist, Liedermacher und Buchautor; und Erich Bitter (geb. 1933), Radrennfahrer, Autorennfahrer und Autobauer.

Schwelm ist eine aufgeschlossene und weltläufige Stadt. Die 2007 begründete Städtepartnerschaft mit der französischen Stadt Fourqueux wird engagiert gelebt. Und ja, Schwelm besitzt auch so etwas wie eine eigene Sprache. Wenn auch nicht mehr viele Bürger das Schwelmer Platt beherrschen, so ist dieser spezielle Dialekt doch den meisten Menschen geläufig.

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